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Äußerungen in privater Chatgruppe kann sogar fristlose Kündigung rechtfertigen

18. Juli 2024

Äußerungen in einer WhatsApp-Gruppe werden nicht per se in einem rechtsfreien Raum getätigt. Ein Arbeitnehmer, der sich in einer aus sieben Mitgliedern bestehenden privaten Chatgruppe in stark beleidigender, rassistischer, sexistischer und zu Gewalt aufstachelnder Weise über Vorgesetzte und andere Kollegen äußert und deshalb außerordentlich gekündigt wird, kann sich im Kündigungsschutzverfahren nur im Ausnahmefall auf eine berechtigte Vertraulichkeitserwartung berufen, erklärte das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 24.08.2023 – 2 AZR 17/23 –.

Der bei der Beklagten beschäftigte Kläger gehörte seit 2014 einer Chatgruppe mit fünf anderen Arbeitnehmern an. Im Kalenderjahr 2020 wurde ein ehemaliger Kollege als weiteres Gruppenmitglied aufgenommen. Alle Gruppenmitglieder waren nach den Feststellungen der Vorinstanz langjährig befreundet und zwei sogar miteinander verwandt. Neben rein privaten Themen äußerte sich der Kläger in beleidigender und menschenverachtende Weise u. a. über Vorgesetzte und Arbeitskollegen. Nachdem die Arbeitgeberin hiervon zufällig Kenntnis erhielt, kündigte sie das Arbeitsverhältnis des Klägers außerordentlich fristlos. Beide Vorinstanzen hielten die ausgesprochene Kündigung für rechtsunwirksam.

Erst die Revision der Beklagten vor dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts hatte Erfolg. Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen habe rechtsfehlerhaft eine berechtigte Vertraulichkeitserwartung des Klägers betreffend der ihm vorgeworfenen Äußerungen angenommen und das Vorliegen eines Kündigungsgrundes verneint. Eine Vertraulichkeitserwartung sei nur dann berechtigt, wenn die Mitglieder der Chatgruppe den besonderen persönlichkeitsrechtlichen Schutz einer Sphäre vertraulicher Kommunikation in Anspruch nehmen könnten. Das hänge wiederum von dem Inhalt der ausgetauschten Nachrichten sowie der Größe und der personellen Zusammensetzung der Chatgruppe ab. Sind Gegenstand der Nachrichten – wie vorliegend – beleidigende und menschenverachtende Äußerungen über Betriebsangehörige, bedarf es einer besonderen Darlegung, warum der Arbeitnehmer berechtigt erwarten konnte, deren Inhalt werde von keinem Gruppenmitglied an einen Dritten weitergegeben. Deshalb hat das Bundesarbeitsgericht das Berufungsurteil insoweit aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.