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Aktuell kein Anspruch für Arbeitnehmer auf bezahlten Vaterschaftsurlaub nach EU-Recht

21. Oktober 2025

Nach einer EU-Richtlinie haben Mitgliedstaaten der Europäischen Union die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass Väter oder – soweit nach nationalem Recht anerkannt – gleichgestellte zweite Elternteile, Anspruch auf zehn Arbeitstage bezahlten Vaterschaftsurlaub haben, der anlässlich der Geburt des Kindes des Arbeitnehmers genommen werden muss. Die Mitgliedstaaten können bestimmen, ob der Vaterschaftsurlaub auch teilweise vor der Geburt des Kindes oder ausschließlich danach genommen werden kann und ob er in flexibler Form genommen werden kann. Die Regelungsidee ist praktisch ein seitens des Arbeitgebers zu vergütender Sonderurlaub.

Die Ampel-Koalition hatte einst geplant, die zweiwöchige vergütete Freistellung einzuführen, dies aber nicht mehr umgesetzt. Die aktuelle Bundesregierung hat hierzu im Koalitionsvertrag keine Pläne.
Zwei anhängige Rechtstreite über die medial zum Teil auch falsch berichtet wurde, sorgen nun für eine ungewisse Rechtslage und können bei Arbeitnehmern, die demnächst Eltern werden, Begehrlichkeiten wecken und vermehrt zu derartigen Anfragen bei Arbeitgebern führen.

Vor dem LG Berlin hat ein bei einem Arbeitgeber in der Privatwirtschaft beschäftigter Arbeitnehmer auf Gewährung bzw. Nachgewährung von bezahltem Vaterschaftsurlaub unter unmittelbarer Berufung auf die seiner Auffassung nicht ausreichend umgesetzte Richtlinie geklagt. Das LG Berlin (Urteil vom 01.04.2025 (26 O 133/24) vertrat die Rechtsauffassung, dass die Richtlinie ausreichend durch die deutschen Regelungen zu Elternzeit und Elterngeld umgesetzt sei. Der unterlegene Kläger ist in Berufung gegangen und die Entscheidung steht aus.

Anders hat das Verwaltungsgericht Köln entschieden. In Köln hatte ein Bundesbeamter gegen seinen Dienstherrn auf Gewährung von Vaterschaftsurlaub geklagt. Das VG Köln (Urteil vom 11.09.2025 (15 K 1556/24) gab ihm Recht. Laut dem VG Köln haben Bundesbeamte einen Anspruch auf die zehn Tage vergüteten Vaterschaftsurlaub anlässlich der Geburt ihres Kindes unmittelbar aus der Richtlinie, da Deutschland seiner Verpflichtung zu deren Umsetzung nicht fristgemäß nachgekommen sei. Auch hier wird der Rechtstreit in die nächste Instanz gehen.

Der Anspruch besteht allerdings nach dieser Entscheidung des VG Köln nur für Beamte, aber nicht gegenüber privaten Arbeitgebern. Die unmittelbare Anwendbarkeit einer Richtlinie ist nach der Rechtsprechung des EuGH als eine zusätzliche Sanktion gegenüber dem Mitgliedstaat gedacht, wenn er eine Richtlinie nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat. Dieser Gedanke kann bei privaten Arbeitgebern nicht greifen, denn diese können nicht für die Nichtumsetzung der Richtlinie in ein Gesetz verantwortlich gemacht werden.

Seitens des Handelsverbandes wird deshalb aktuell den Mitgliedern angeraten, einem etwaigen Antrag auf „Vaterschaftsurlaub“ von Eltern werdenden Arbeitnehmern in jedem Fall abzulehnen.

Dabei kann zumindest aktuell auf beide Gerichtsentscheidungen verwiesen werden. Einmal mit dem Argument, dass die Richtlinie umgesetzt sei und mit dem Argument, dass selbst wenn die Richtlinie doch nicht umgesetzt sei, man Arbeitgeber in der Privatwirtschaft sei und nichts für die Versäumnisse des Staates könne.

Tarifgebundene Mitglieder können auch auf § 11a Ziffer 3 a) des Manteltarifvertrages für den Einzelhandel in Niedersachsen verweisen, wonach bei der Niederkunft der Ehefrau oder einer in häuslicher Gemeinschaft lebenden nichtehelichen Lebenspartnerin ein Anspruch auf zwei Tage bezahlten Sonderurlaub besteht. Eine entsprechende Regelung findet sich auch in den Musterarbeitsverträgen für die Mitglieder des Handelsverbandes.

Sollte sich durch höchstrichterliche Entscheidung oder einen Gesetzesvorstoß der Bundesregierung an der aktuellen Ausgangslage etwas ändern, werden wir unsere Mitglieder selbstverständlich informieren.