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Gesetzliche Vorgabe der vorherigen Kontaktaufnahme zur Bundesagentur für Arbeit bei Ausschreibung neuer Arbeitsstelle

20. August 2025

Bei Ausschreibungen von Arbeitsstellen wird gerne § 164 Abs. 1 S. 2 SGB IX übersehen. Diese gesetzliche Vorschrift verpflichtet Arbeitgeber dazu, bei jeder auszuschreibenden Stelle, frühzeitig mit der Agentur für Arbeit in Kontakt zu treten, um zu prüfen, ob der freie Arbeitsplatz auch mit einem schwerbehinderten Menschen besetzt werden kann, der derzeit arbeitssuchend ist. Die Bundesagentur für Arbeit schlägt dem Arbeitgeber dann geeignete schwerbehinderte Menschen vor, sofern solche bei ihr aktenkundig sind.

Sollte der Arbeitgeber über einen Betriebsrat und eine Schwerbehindertenvertretung verfügen, sind die beiden Gremien über die Vermittlungsvorschläge und vorliegenden Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen zu unterrichten. Eine nicht erfolgte Information der zuständigen Gremien kann bei der Einstellung zu einem Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrates nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG führen, insbesondere wenn sich auch jemand mit Schwerbehinderung auf die Stelle beworben und diese nicht bekommen hat.

Aber auch Unternehmen ohne Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung haben Nachteile, wenn sie nicht mit der Agentur für Arbeit Verbindung aufnehmen, bevor sie die ausgeschriebene Stelle besetzen. Denn sollte einer der Bewerber auf die Stelle eine Schwerbehinderung aufweisen und jemand anders schließlich die Stelle erhalten, gilt die Nichteinbeziehung der Agentur für Arbeit bereits als Indiz für eine arbeitgeberseitige Diskriminierung und eine daraus resultierende Schadenersatzpflicht nach dem AGG. Das hat das BAG auch in einem jüngsten Urteil vom 27.03.2025 (- 8 AZR 123/24 -) noch einmal ausdrücklich klargestellt. Nach Auffassung des BAG haben alle Arbeitgeber diese Vorschrift zu beachten. Das Ignorieren der Kontaktaufnahmepflicht sei ein Indiz für eine Diskriminierung bzw. Benachteiligung eines Bewerbers wegen einer Schwerbehinderung, wenn dieser die Stelle nicht bekomme. Es obläge dann dem Arbeitgeber zu widerlegen und zu beweisen, dass es zu keiner Diskriminierung kam. Letzteres ist im Regelfall kaum möglich. Im oben benannten BAG-Fall gelang dies ausnahmsweise zwar dem Arbeitgeber. Dies aber nur, weil er anhand von Unterlagen nachweisen konnte, dass zum Zeitpunkt des Eingangs der Bewerbung des auf Diskriminierung klagenden schwerbehinderten Arbeitnehmers die Einstellungsentscheidung für einen anderen Beschäftigten bereits abgeschlossen war.

Insofern ist für Arbeitgeber als Lehre aus dem Verfahren mitzunehmen, dass sie vorsorglich immer die Agentur für Arbeit vor der Besetzung einer freien Arbeitsstelle gem. § 164 Absatz 1 S. 2 SGB IX informieren sollten und dass Arbeitgeber eine Einstellungsentscheidung optimalerweise vor Zeugen treffen oder durch Zeugen dokumentieren lassen, ebenso den Zeitpunkt dieser Entscheidung.