Vorsicht bei der Stellenausschreibung – AGG-Hopper unterwegs!
Stellenausschreibungen müssen grundsätzlich geschlechtsneutral ausgeschrieben werden. Sonst riskiert der Arbeitgeber Entschädigungszahlungen nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), die nach § 15 Abs. 2 S. 2 bis zu drei Monatsgehältern umfassen können.
Derzeit wird ein Mitgliedsunternehmen von einem in „Fachkreisen“ bekannten AGG-Hopper auf Zahlung von 6.000 EUR Entschädigung verklagt, weil das Unternehmen auf einem Portal aus Versehen lediglich in weiblicher Form nach einer „Sekretärin/Bürokauffrau“ gesucht hatte. Der Zusatz „m/w/d“, der bekanntermaßen für männlich, weiblich, divers steht, war lediglich in kleiner Schrift im Fließtext auf Seite 3 angegeben. Auf diese Stellenausschreibung des Unternehmens im Internet bewarb sich der Mann Martin Weber, der in den letzten zwei Jahren deutschlandweit zahlreiche Arbeitsgerichte und Landesarbeitsgerichte mit rechtsmissbräuchlichen Bewerbungen und vermeintlichen Entschädigungsklagen beschäftigt. Der junge Mann, der ein Jurastudium mit dem Bachelor of law abgeschlossen hat, bewarb sich ausschließlich über die Chat-Funktion des Portals Kleinanzeigen (früher eBay Kleinanzeigen) bei der Beklagten. Ein aussagekräftiges Anschreiben legte er nicht vor. Er bewarb sich auf die Stelle bei dem Mitgliedsunternehmen, das 130 km Fahrtstrecke bzw. mehr als zwei Autostunden pro Fahrt von seinem Heimatort entfernt liegt. In seiner Kurzbewerbung per Chat-Funktion ging er auf die Anforderungen der Stelle nur rudimentär ein und erklärte lediglich, sieben Jahre Berufserfahrung in dem Bereich und eine abgeschlossene Ausbildung als Industriekaufmann zu haben. Zeugnisse o. ä. reichte er nicht ein. Da keine aussagekräftige Bewerbung vorlag, wurde der Kläger im weiteren Bewerbungsverfahren nicht berücksichtigt und schließlich eine andere Bewerberin eingestellt.
Da der Stellenbewerber sich als Mann diskriminiert fühlte, legte er Klage auf Zahlung von 6.000 EUR Entschädigungszahlung beim Arbeitsgericht Hannover ein. Zum Gütetermin erschien der Kläger nicht, sodass gegen ihn ein Versäumnisurteil erging. Im Mai 2025 wird das Arbeitsgericht über diese Klage in der Sache entscheiden, da der Kläger fristgerecht Einspruch gegen das Versäumnisurteil eingelegt hat.
Richtig ist, dass das Mitgliedsunternehmen formal einen Fehler begangen hat, da in der Stellenausschreibung blickfangmäßig nur nach weiblichen Bewerberinnen gesucht wurde. Wir halten allerdings das Geschäftsgebaren des vermeintlichen Stellenbewerbers für rechtsmissbräuchlich, da durch die Art der nachlässigen Bewerbung und der großen Entfernung zwischen Wohnort und Arbeitsstätte und der Vielzahl der betriebenen Verfahren in der Arbeitsgerichtsbarkeit eine ernsthafte Bewerbung nach unserer Rechtsauffassung ausscheidet. Es darf jedoch nicht verkannt werden, dass dieser AGG-Hopper in zahlreichen Fällen außergerichtlich von insoweit in Anspruch genommenen Unternehmen hohe Entschädigungszahlungen erhalten hat, weil diese Unternehmen offenbar die Kosten und Mühen eines Gerichtsverfahrens scheuten. Und jeder Fall ist anders. Einige Male erhielt der Kläger sogar vor den Arbeitsgerichten recht, vergleiche LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 21.06.2022 – 2 Sa 21/22 -, das ihm eine Entschädigung von 7.800 EUR zusprach.
TIPP:
Mitgliedsunternehmen sollten Stellenanzeigen sorgfältig formulieren und geschlechtsneutrale Bezeichnungen verwenden. So vermeiden Arbeitgeber Ärger, zeitaufwendige Prozesse und mögliche Entschädigungszahlungen.