Viele Arbeitnehmer nutzen täglich Zug und Bahn als Beförderungsmittel zum Arbeitsplatz. Die häufigen Zugausfälle oder Bahnverspätungen sind ein Dauerärgernis für Mitarbeiter und ihre Chefs. Was passiert eigentlich mit dem grundsätzlichen Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers, wenn der Arbeitnehmer wegen Zugausfall bzw. Bahnverspätung nicht oder verspätet am Arbeitsplatz erscheint?
Die Rechtslage ist eindeutig. Der Arbeitnehmer „verliert“ bzw. hat keinen Anspruch auf Vergütungszahlung für die ausgefallene Arbeitszeit. Diese Konstellation wird auch als sogenanntes „Wegerisiko“ bezeichnet. Unter Wegerisiko versteht man im Arbeitsrecht das Risiko des Arbeitnehmers, seinen Arbeitsplatz pünktlich zu erreichen und seinen Vergütungsanspruch zu verlieren, wenn es auf dem Arbeitsweg aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen zu Verzögerungen kommt. Wird die Arbeitsleistung infolge eines objektiven Leistungshindernisses nicht oder verspätet vom Arbeitnehmer aufgenommen, wird diese wegen ihres Fixschuldcharakters unmöglich. Nach § 326 Abs. 1 BGB verliert der Arbeitnehmer seinen Vergütungsanspruch. Der Arbeitgeber ist nach dem Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“ berechtigt, das Arbeitsentgelt entsprechend zu kürzen. Die gleichen Rechtsfolgen gelten, wenn der Arbeitnehmer wegen Streik, Autounfall, Hochwasser, Schnee oder Glatteis nicht oder nicht rechtzeitig im Betrieb erscheinen kann. In vielen Fällen sind jedoch pragmatische Lösungen möglich. Der betroffene Arbeitnehmer verständigt sich mit dem Arbeitgeber auf den Abbau von Überstunden bzw. es wird ein Tag Urlaub angerechnet.
Tarifgebundene Mitgliedsbetriebe stellen immer wieder die Frage, ob es sein kann, dass ein Verkäufer, der zum Erstverkäufer befördert wird, in einer bestimmten Konstellation weniger Tarifvergütung bekommt als vor der Beförderung. An diese besonderen Spezialfälle hat der Tarifvertrag „gedacht“ und Vorsorge getroffen.
Tarifgebundene Mitglieder haben das Verschlechterungsverbot in Bezug auf die Vergütung bei Umgruppierung von Gehaltsgruppe II in Gehaltsgruppe III zu beachten. Denn in § 2 Ziffer 2 des Gehalts- und Lohntarifvertrages für den niedersächsischen Einzelhandel ist geregelt, dass bei Umgruppierung von Angestellten aus der Gehaltsgruppe II in die Gehaltsgruppe III diese auch in den folgenden Tätigkeitsjahren nicht schlechter bezahlt werden, als wären sie in der Gehaltsgruppe II verblieben.
Dieses hat damit zu tun, dass die Vergütungen in der G III nicht in jedem Fall höher als in der G II sind und einmal von „Berufsjahren“ und zum anderen „Tätigkeitsjahren“ gesprochen wird. Wird also z. B. der Verkäufer zum Erstverkäufer befördert, müssen die bisherige Verkäufervergütung mit der künftigen Erstverkäufervergütung im Tarifvertrag verglichen werden und es muss ein Ausgleich („Verschlechterungszulage“) gezahlt werden, wenn die tarifliche Erstverkäufervergütung niedriger ausfällt.
Beispiel: Der Verkäufer ist bisher in der G II 7. Berufsjahr mit einem Tarifgehalt von 3.219 EUR brutto monatlich eingruppiert und soll zum 01.10.2025 zum Erstverkäufer befördert werden und erhält dann entsprechend eine Umgruppierung in G III 1./2. Tätigkeitsjahr mit lediglich 2.701 EUR brutto monatlich. Die Differenz von 518 EUR brutto muss der Arbeitgeber als monatlichen Verschlechterungsausgleich zahlen. Es empfiehlt sich, diese „Verschlechterungszulage“ in der Gehaltsabrechnung getrennt auszuweisen. Dieser Verschlechterungsausgleich ist so lange zu zahlen, bis keine Differenz zur Eingruppierung in der Vergütungsgruppe II mehr vorliegt. In diesem Beispiel nach jetzigem Tarifstand sieben Jahre lang, da in der Gehaltsgruppe III erst ab dem 8. Tätigkeitsjahr die Tarifvergütung mit 3.552 EUR nicht mehr niedriger als in Gehaltsgruppe II ist.
Diese Konstellation kommt immer wieder vor: Der Arbeitgeber kündigt einem Arbeitnehmer mit einer langen Kündigungsfrist und stellt ihn sofort unter Anrechnung des Urlaubs unwiderruflich von der Arbeitsleistung frei. Der Arbeitnehmer erhebt Kündigungsschutzklage und gewinnt. Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer “wieder einstellen“. Soweit ist die Sache klar. Aber musste der Arbeitnehmer in der Zwischenzeit eine Ersatzbeschäftigung aufnehmen bzw. wann kann von böswilligem Unterlassen anderweitigen Verdienstes gesprochen werden?
Das BAG hat mit Urteil vom 12.02.2025 – 5 AZR 127/24 – hierzu klar Stellung bezogen. Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristgerecht und stellt den Arbeitnehmer trotz dessen Beschäftigungsanspruchs von der Arbeit frei, unterlässt der Arbeitnehmer in der Regel nicht böswillig im Sinne von § 615 S. 2 BGB anderweitigen Verdienst, wenn er nicht schon vor Ablauf der Kündigungsfrist ein anderweitiges Beschäftigungsverhältnis eingeht. Während der Kündigungsfrist muss der gekündigte Arbeitnehmer grundsätzlich kein neues Arbeitsverhältnis eingehen.
Was war passiert? Der Kläger war seit November 2019 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt gegen eine monatliche Vergütung von 6.440 EUR brutto. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 29.03.2023 fristgerecht zum Ablauf des 30.06.2023 und stellte den Kläger sofort unter Einbringung von Resturlaub unwiderruflich von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung frei. Der vom Kläger erhobenen Kündigungsschutzklage gab das Arbeitsgericht am 29.06.2023 statt, die von der Beklagten dagegen eingelegte Berufung wurde vom Landesarbeitsgericht ca. ein Jahr später am 11.06.2024 zurückgewiesen.
Nachdem sich der Kläger nach Zugang der Kündigung unverzüglich Anfang April 2023 arbeitssuchend gemeldet hatte, erhielt er von der Arbeitsagentur erstmals Anfang Juli 2023 Vermittlungsvorschläge. Die Beklagte übersandte dem Kläger hingegen schon im Mai und Juni 2023, also noch während der laufenden Kündigungsfrist, insgesamt 43 von Jobportalen oder Unternehmen online gestellte Stellenangebote, die nach ihrer Einschätzung für den Kläger im Betracht gekommen wären. Auf sieben dieser Stellenangebote bewarb sich der Kläger, allerdings erst ab Ende Juni 2023. Nachdem die Beklagte dem Kläger im Juni keine Vergütung mehr zahlte, hat er diese mit einer Klage geltend gemacht. Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt und eingewendet, der Kläger sei verpflichtet gewesen, sich während der Freistellung zeitnah auf die ihm überlassenen Stellenangebote zu bewerben. Weil er dies unterlassen habe, müsse er sich für Juni 2023 nach § 615 S. 2 BGB fiktiven anderweitigen Verdienst in Höhe des bei der Beklagten bezogenen Gehalts anrechnen lassen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers war erfolgreich. Die Revision der Beklagten vor dem Bundesarbeitsgericht blieb ohne Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht stellte klar, die Beklagte befand sich aufgrund der von ihr einseitig erklärten Freistellung des Klägers während der Kündigungsfrist im Annahmeverzug und schuldet dem Kläger nach § 615 S. 1 BGB i. V. m. mit § 611a Abs. 2 BGB die vereinbarte Vergütung für die gesamte Dauer der Kündigungsfrist. Nicht erzielten anderweitigen Verdienst muss sich der Kläger nicht nach § 615 S. 2 BGB anrechnen lassen. Für den Arbeitnehmer habe keine Verpflichtung bestanden, schon vor Ablauf der Kündigungsfrist zur finanziellen Entlastung der Beklagten ein anderweitiges Beschäftigungsverhältnis einzugehen und daraus Verdienst zu erzielen, stellten die BAG-Richter fest.
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Anlässlich des 18. Bundeskongresses Nationale Stadtentwicklungspolitik hinterfragt der Handelsverband Deutschland (HDE) die Pläne des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB), angespannte Wohnungsmärkte durch eine Verdichtung des innerstädtischen Wohnens zu entlasten.
Der HDE warnt davor, die weitere Entwicklung hochrangig zentraler innerstädtischer Funktionen wie dem Einzelhandel durch neue Wohnangebote in den Stadtzentren zu gefährden. Das Bundesbauministerium dürfe eine Flächenkonkurrenz mit dem Wohnen keinesfalls befeuern.
„Unsere Innenstädte sind vor allem Handelsstandorte. Der Einzelhandel ist der zentrale Frequenzbringer vor Ort. Das muss sich auch in den Plänen des Bundesbauministeriums zur Stadtentwicklung widerspiegeln“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Der HDE bewerte die angestrebte Beschleunigung des Wohnungsbaus und die Wohnraumsicherung durch befristete Erleichterungen für die Gemeinden grundsätzlich positiv. Die Schaffung bezahlbaren Wohnraums für alle zu vereinfachen und voranzutreiben, sei wichtig. „Fraglich ist allerdings, ob die Innenstadt zur Entlastung angespannter Wohnungsmärkte beitragen kann“, so Genth weiter. Das verdichtete Wohnen in zentraler Lage könne zu Problemen führen. Der Neubau sowie der Umbau bestehender Immobilienflächen zu innerstädtischem Wohnraum könne der Abwägung zwischen den Potenzialen zur Schaffung von Wohnraum und der Gefährdung der weiteren Entwicklung der hochrangig zentralen innerstädtischen Funktionen wie insbesondere dem Einzelhandel vermutlich nicht standhalten. Zudem entspreche ein innerstädtisches Wohnangebot nicht einmal der tatsächlichen Nachfrage und den Wohnvorstellungen der Menschen.
Im Zuge der multifunktionalen Entwicklung der Stadtzentren muss hochrangig zentralen Funktionen wie dem Einzelhandel aus Sicht des HDE ein erhöhter Schutz zukommen. Innenstädte seien Orte der Konzentration hochrangig zentraler Funktionen mit einem großen Einzugsgebiet. Darauf basiere die Stadt- und Raumplanung. „Die Wohnfunktion hat kein Einzugsgebiet und wird keine Anziehungseffekte auf das Umland auslösen können. Daher ist das Wohnen keine hochrangig zentrale Funktion. Statt die Wohnfunktion in den Innenstädten zu stärken, sollte der Fokus im Sinne der Zukunft unserer Innenstädte auf der Stärkung der hochrangig zentralen Funktionen liegen“, so Genth. Umnutzungen und neuem Wohnen in Zentren verschließe sich der Handel nicht. Allerdings dürfe dabei der Charakter der Innenstädte als Konzentration der hochrangig zentralen Funktionen und Handelsstandort Nummer eins nicht gefährdet werden.
Mit Blick auf die Einführung der Bezahllösung Wero unterstützt der Handelsverband Deutschland (HDE) die Stärkung des Wettbewerbs im Zahlungsverkehr durch neue, europäische Anbieter wie diesen. Der HDE bewertet die starke Dominanz globaler Zahlungssysteme kritisch und setzt sich für den Aufbau europäischer Alternativen ein.
Das Ziel müsse die Schaffung einer neutralen und kostenmindernden Zahlungsinfrastruktur sein. Wero allein stehe aber nur für den Anfang einer europäischen Zahlungsinfrastruktur für den Handel und müsse sich erst beweisen. Der digitale Euro sowie weitere Verbesserungen der Konto-zu-Konto-Zahlungen sind laut HDE nötig, um eine wirkliche Unabhängigkeit von privaten Anbietern zu schaffen.
„Neue Anbieter stärken den Wettbewerb im Zahlungsverkehr. Europäische Bezahllösungen wie Wero müssen sich allerdings an den vorhandenen Systemen messen lassen und erst Vertrauen im Handel aufbauen. Das gelingt nur, wenn die Zahlungsabwicklung effizient und kostenorientiert abläuft“, so Ulrich Binnebößel, HDE-Abteilungsleiter Zahlungsverkehr. Neue Verfahren würden vom Handel akzeptiert, wenn sie bei mindestens gleichwertiger Leistung deutlich effizienter abgewickelt werden könnten. Insbesondere bei grenzüberschreitenden Transaktionen innerhalb Europas hätten Anbieter eine Chance auf Unterstützung durch den Handel. „In der Startphase tragen Händlerinnen und Händler maßgeblich zur Bekanntheit einer neuen Bezahllösung bei. Sie müssen sich darauf verlassen können, dass die Zusammenarbeit letztlich für eine neutrale und kostenmindernde Zahlungsinfrastruktur sorgt“, so Binnebößel weiter. Ein privater Anbieter eines europäischen Zahlungsverfahrens allein reiche aber nicht, um Wettbewerb, Innovation und letztlich auch Unabhängigkeit zu sichern.
Auch in der Abwicklung von Zahlungen über Echtzeitüberweisungen sowie im geplanten digitalen Euro sieht der HDE daher großes Potenzial. „Im Zuge der SEPA-Instant-Payment-Standardisierung etabliert sich eine Infrastruktur, die es weiteren Dienstleistern ermöglicht, Zahlungen abzuwickeln. Der Handel kann sogenannte Zahlungsauslösedienstleister einbinden oder selbst zu einem Anbieter werden, um Zahlungen von Konto zu Konto über den SEPA-Standard abzuwickeln“, so Binnebößel. Dadurch entstünden effiziente Abwicklungssysteme ohne dominierenden Systembetreiber. Auch der digitale Euro würde eine anbieterunabhängige Zahlungsinfrastruktur etablieren, anbieterneutral betrieben durch das Eurosystem. „Die Kosten für die Zahlungsabwicklung müssen sinken. Neue europäische Anbieter wie Wero können den Markt jetzt aufmischen. Überzeugen sie den Handel nicht, stehen mit Echtzeitüberweisungen und digitalem Euro vielversprechende und sogar anbieterunabhängige Lösungen in Aussicht“, betont Binnebößel.
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Anlässlich der Eröffnung der Automesse IAA macht der Handelsverband Deutschland (HDE) auf die Bedeutung eines zukunftsorientierten Mobilitätswandels für die zuverlässige Erreichbarkeit von Handelsstandorten aufmerksam.
Der HDE sieht hierbei auch das Auto als wichtigen Verkehrsträger und setzt sich dafür ein, dass Innenstädte mit allen Verkehrsmitteln gut erreichbar sind. Gleichzeitig betont der Verband das Engagement der Branche beim Ausbau der E-Ladeinfrastruktur. Hier sei neben einem bedarfsgerechten Ansatz der Abbau bürokratischer Hürden gefragt.
„Attraktive Einkaufsangebote werden nur genutzt, wenn sie auch schnell und unkompliziert erreichbar sind. Kunden müssen daher mit allen Verkehrsmitteln bequem zu den Handelsgeschäften kommen können, ob mit dem ÖPNV, dem Rad oder dem Auto“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Es komme insbesondere darauf an, Innenstädte so weiterzuentwickeln, dass ihre Attraktivität gesteigert und gleichzeitig Klimaresilienz erreicht werde. Notwendig sei ein zukunftsorientierter Mobilitätswandel. Um die Verkehrspolitik in diesem Sinne weiterzuentwickeln, hat der HDE in Zusammenarbeit mit dem Bundesverkehrsministerium die erste Grundlagenstudie zum Thema Verkehrsmittelwahl und Konsum bei der RWTH Aachen in Auftrag gegeben.
Handlungsbedarf besteht aus Sicht des HDE auch mit Blick auf den Ausbau der E-Ladeinfrastruktur. „Während die Automobilbranche auf der IAA die Zukunft der Mobilität präsentiert, spielt der deutsche Handel bereits heute eine entscheidende Rolle beim Ausbau der Ladeinfrastruktur. Dass 15 bis 20 Prozent aller öffentlichen Ladepunkte auf Parkplätzen des Einzelhandels stehen, ist das Ergebnis des großen Engagements der Händlerinnen und Händler“, so Genth. Parkplätze von Supermärkten, Einkaufszentren oder Baumärkten seien prädestinierte Standorte für Ladepunkte. „Hier verbringen Kunden im Schnitt 30 bis 45 Minuten. Diese Zeit können sie ideal nutzen, um ihr E-Fahrzeug mit neuer Energie zu versorgen“, so Genth weiter. Der Einzelhandel investiere daher massiv in den Ausbau von Ladesäulen, um den Kunden einen Mehrwert zu bieten. „Doch trotz der hohen Bereitschaft in der Branche wird das Tempo durch langsame Netzanschlussverfahren ausgebremst. Die bürokratischen Hürden und die oft langwierige Abstimmung mit den Netzbetreibern sorgen für erhebliche Verzögerungen und verhindern eine zügige Umsetzung der Projekte“, so Genth weiter.
Die Elektromobilitätswende kann aus Sicht des HDE nur dann erfolgreich sein, wenn die regulatorischen Rahmenbedingungen stimmen. Das zeigt ein Blick auf die nationale Implementierung der Energy Performance of Buildings Directive (EPBD). „Hier muss das Ziel die Ladeleistung sein und nicht die bloße Anzahl von Ladepunkten. Die Kunden benötigen aufgrund der kurzen Verweildauer an Handelsstandorten Schnelllader, die in kurzer Zeit eine relevante Reichweite nachladen können“, betont Genth. Ein quantitativer Ansatz, der nur die Anzahl der Ladepunkte zähle, verfehle die realen Bedürfnisse der E-Auto-Fahrer und bremse die Akzeptanz der Elektromobilität aus. Es liege nun in der Hand der neuen Bundesregierung, hier zeitnah einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorzulegen, der die E-Mobilität unterstütze. „Die IAA zeigt derzeit eindrucksvoll, dass neue E-Auto-Modelle und innovative Ladesäulenkonzepte bereit für den Massenmarkt sind. Doch damit diese Vision Realität wird, braucht es eine flächendeckende und leistungsstarke Ladeinfrastruktur“, so Genth.
Nach der heutigen Rede zur Lage der EU von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen appelliert der Handelsverband Deutschland (HDE) an die gesamtpolitische Verantwortung der EU-Mitgesetzgeber in Parlament und Rat und mahnt zur zügigen Umsetzung wichtiger Vorhaben wie einer umfassenden Entbürokratisierung.
„Ursula von der Leyen hat in ihrer Rede die Notwendigkeit eines echten Bürokratieabbaus prioritär adressiert und damit deutlich gemacht, dass sie die Herausforderungen der Händlerinnen und Händler ernst nimmt. Jetzt ist geschlossenes und entschlossenes Handeln gefragt. Die entsprechenden Omnibus-Verfahren müssen vorangetrieben werden“, so Antje Gerstein, HDE-Geschäftsführerin Europapolitik.
Positiv bewertet der HDE auch die angekündigte Beschleunigung des EU-Kreislaufwirtschaftsgesetzes und europäischer KI-Regeln. „Alle Mitgesetzgeber auf europäischer Ebene müssen jetzt gemeinsam Verantwortung übernehmen und die Ankündigungen in die Tat umsetzen. Die Maßnahmen liegen auf dem Tisch, nun muss Europa ins Handeln kommen“, so Gerstein.
Mit Blick auf den seit Juli 2025 laufenden Dialog der Sozialpartner mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales zur konkreten Ausgestaltung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Einführung einer wöchentlichen statt einer täglichen Höchstarbeitszeit bekräftigt der Handelsverband Deutschland (HDE) seine Forderung nach einer Flexibilisierung und Modernisierung des Arbeitszeitrechts.
Der HDE bringt sich aktiv in den Prozess ein und sieht auch in der Aktivrente ein Instrument zur Bewältigung der demografischen Herausforderungen. Wichtig ist hierbei laut Verband allerdings, gleichzeitig teure Anreize zur Frühverrentung abzuschaffen.
„Das Arbeitszeitgesetz bildet die digitale Arbeitswelt nicht mehr hinreichend ab. Das gilt vor allem für die starren Regelungen zur täglichen Höchstarbeitszeit. Deutschland verliert so im internationalen Kampf um Fachkräfte stetig an Wettbewerbsfähigkeit“, so Steven Haarke, HDE-Geschäftsführer Arbeit und Soziales. Flexible Arbeitsmodelle seien inzwischen ein zentraler Schlüssel zur erfolgreichen Fachkräftegewinnung.
Mit dem Arbeitszeitgesetz wurde die EU-Arbeitszeitrichtlinie in nationales Recht umgesetzt. „Dabei wurden die Gestaltungsspielräume der EU-Richtlinie aber nicht voll ausgeschöpft“, so Haarke weiter. Die tägliche Höchstarbeitszeit im Arbeitszeitgesetz werde den Anforderungen der digitalisierten Arbeitswelt nicht mehr gerecht und erschwere auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Nötig sei daher ein Wechsel hin zu einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit direkt im Arbeitszeitgesetz, die tägliche Höchstarbeitszeit müsse wegfallen. „Die tägliche Höchstarbeitszeit ist ein deutscher Sonderweg innerhalb der EU. Wir sollten uns hier an unseren europäischen Partnern orientieren, die da längst vorangehen“, so Haarke. Dadurch erhöhe sich die Gesamtwochenarbeitszeit der Menschen nicht, sondern nur die individuelle Flexibilität. Auch viele Beschäftigte im Handel forderten dies inzwischen ein.
Die ebenfalls im Koalitionsvertrag vereinbarte Aktivrente soll mit 2.000 Euro steuerfreiem Gehalt einen Anreiz für die Beschäftigung von Altersrentnern bieten. „Die Aktivrente ist grundsätzlich eine sehr gute Idee der Koalition und sollte umgesetzt werden“, so Haarke. Die eindeutige demografische Entwicklung mache Anreize wie diesen dringend nötig. Durch die Aktivrente werde das Arbeiten nach Erreichen der Regelaltersgrenze gezielt attraktiver gemacht. „Wir brauchen die Menschen im Betrieb, es handelt sich meist um Leistungsträger“, betont Haarke. Allerdings müssten mit Einführung der Aktivrente zwingend auch die teuren Anreize für Frühverrentung enden. „Die Aktivrente ist natürlich nur dann zielführend, wenn man gleichzeitig die Rente mit 63 abschafft. Ansonsten sollte sich die Bundesregierung lieber gleich von der Idee verabschieden“, so Haarke weiter. Wäre am Ende das Steuerprivileg der Aktivrente mit der abschlagsfreien Frühverrentungsoption kombinierbar, hätte das eine fatale Signalwirkung. „Das wäre der Supergau, weil eine Frühverrentung dann für viele nochmals attraktiver erscheint“, so Haarke.
Mit Blick auf die heutige erste Sitzung der Corona-Enquete-Kommission macht sich der Handelsverband Deutschland (HDE) für eine umfassende und ehrliche Aufarbeitung der Zeit der Pandemie sowie der staatlichen Maßnahmen stark. Dabei müssten auch die bis heute spürbaren wirtschaftlichen Folgen im Einzelhandel eine Rolle spielen. Für kommende ähnliche Situationen gelte es, besser vorbereitet zu sein und künftig zielgenauer zu handeln.
„Die Pandemie war für die ganze Gesellschaft eine Stress- und Ausnahmesituation. Jetzt gilt es, die Folgen der nicht immer zielgenauen Maßnahmen schonungslos anzusprechen und Konsequenzen für die Zukunft zu ziehen. Sollte es ein nächstes Mal geben, müssen alle besser vorbereitet sein. Für viele Handelsunternehmen war die Zeit der Pandemie ein existenzbedrohendes Desaster. Die Ladenschließungen waren kein probates Mittel zur Eindämmung der Pandemie und wurden trotzdem wochenlang aufrechterhalten“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Auch in Ausnahmesituationen müsse gelten, dass solch weitreichende Eingriffe gut begründet und nachgewiesenermaßen zielführend sein müssen. Da gebe es noch viel aufzuarbeiten.
„Der Einzelhandel spürt die Folgen der Pandemie und der damit verbundenen Lockdowns bis heute. Die Konsumstimmung hat ihr Vor-Corona-Niveau seitdem nicht mehr erreicht. Verluste in Milliardenhöhe sorgten für tausende Schließungen in der Branche. Die staatlichen Hilfen reichten dabei nicht einmal ansatzweise, um die erlittenen Verluste wieder auszugleichen. Im internationalen Vergleich ist Deutschland zwar ganz gut durch die Pandemie gekommen, der Einzelhandel aber hat enorm gelitten“, so Genth weiter. Die Wirtschaft und insbesondere der Einzelhandel seien ein zentraler Teil der Gesellschaft. So sei mit der Schließung vieler Geschäfte auch die Verödung vieler Innenstädte enorm beschleunigt worden. Genth: „Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie-Maßnahmen treffen die gesamte Gesellschaft. Die Wirtschaft, das sind wir alle – ob als Arbeitgeber oder als Beschäftigte. Deshalb erwartet der Einzelhandel, dass die Enquete-Kommission ab heute auch ausführlich über die ökonomischen Auswirkungen der Maßnahmen spricht. Es ist gut, dass dies nun in einem sachlichen Rahmen und ohne vorgegebene, das Ergebnis vorwegnehmende, Leitplanken geschehen kann.“ Der Handelsverband stehe der Kommission jederzeit für Gespräche und Einordnungen zum Thema zur Verfügung.
Mit Blick auf die erste Sitzung des vom Bundeskabinett eingesetzten Staatssekretärsausschusses „Staatsmodernisierung und Bürokratierückbau“ am heutigen Freitag mahnt der Handelsverband Deutschland (HDE) zur raschen und konsequenten Umsetzung der vielfach angekündigten bürokratischen Entlastung. Der HDE sieht insbesondere mit Blick auf die Entgelttransparenzrichtlinie und die Energiewende dringenden Handlungsbedarf.
„Die Bundesregierung muss den Bürokratieabbau entschlossen angehen. Der Bund ist aus Sicht des Handels der größte Bürokratietreiber. Händlerinnen und Händler verlieren sich im immer dichteren Regulierungsdschungel. Dabei sollten sie sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können, um die Zukunft des eigenen Unternehmens und des Wirtschaftsstandorts Deutschland zu sichern“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Mit der jüngsten Änderung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes habe die Bundesregierung bereits wichtige Entlastungen auf den Weg gebracht. „Jetzt müssen weitere Schritte in Richtung eines umfassenden Bürokratieabbaus folgen. Denn der Aufbau überbordender Regelungen führt nicht ans Ziel, sondern bremst Innovationen und das Engagement der Unternehmen aus“, so Genth weiter. Auch dürften abgeschaffte Regelungen nicht durch neue Bürokratie ersetzt werden. „Hier muss die Bundesregierung konsequent sein und auf den tatsächlichen, spürbaren Rückbau von Bürokratie setzen“, fordert Genth.
Mit komplexen Berichts- und Prüfpflichten werden die Unternehmen etwa durch die Entgelttransparenzrichtlinie überzogen. Im Zuge der für nächstes Jahr geplanten nationalen Umsetzung fordert der HDE zum Schutze der Tarifautonomie daher zwingend eine Ausnahme für tarifgebundene und auch tarifanwendende Arbeitgeber. „Statt Tarifverträge als bewährtes Instrument für faire Löhne zu stärken, steht mit der Entgelttransparenzrichtlinie nun ein gigantisches neues Bürokratiemonster vor dem Einzug in die Unternehmen“, so Genth weiter. Hinzu komme, dass die Bundesregierung – trotz der hohen Standards beim Datenschutz – zeitnah die Einführung eines Beschäftigtendatenschutzgesetzes in Deutschland angekündigt habe und damit bewährte Verfahren in den Unternehmen unnötig infrage stelle. „Eine Umstellung der betrieblichen Abläufe würde – völlig ohne Not – erhebliche neue Bürokratie und Kosten sowie neue Unsicherheiten verursachen“, so Genth.
Kritisch blickt der HDE auch auf die Probleme bei den Netzanschlüssen und den Flickenteppich aus über 800 Verteilnetzbetreibern mit jeweils eigenen, langwierigen und intransparenten Genehmigungsverfahren. „Das erschwert Investitionen der Händlerinnen und Händler in Photovoltaikanlagen und Ladeinfrastruktur enorm. Dadurch wird die Energiewende in der Branche und im ganzen Land aktiv ausgebremst“, so Genth. Um diese Investitionsblockade zu lösen, sei eine sofortige bundesweite Harmonisierung und massive Beschleunigung der Netzanschlussverfahren mit verbindlichen, kurzen Fristen für die Netzbetreiber nötig.