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Zahlungsverkehr: Wettbewerb, Souveränität und Verbraucherfreundlichkeit sichern

Mit Blick auf die laufenden Koalitionsverhandlungen macht der Handelsverband Deutschland (HDE) zusammen mit dem Hotelverband Deutschland (IHA) und dem UNITI Bundesverband EnergieMittelstand auf die Bedeutung funktionierender Zahlungsverkehrssysteme für Wirtschaft und Gesellschaft aufmerksam. Während die Bargeldakzeptanz konstant zurückgeht, gewinnen digitale und mobile Bezahlverfahren zunehmend an Bedeutung. In einem gemeinsamen Impulspapier zeigen die Verbände Handlungsansätze zur Stärkung nationaler und europäischer Zahlungssysteme auf, um Transparenz, Wettbewerb und Verbraucherfreundlichkeit im Zahlungsverkehr zu verbessern.
„Die neue Bundesregierung muss sich mit der Zukunft des Zahlungsverkehrs befassen und eine nachhaltige Zahlungsinfrastruktur schaffen. Entsprechende regulatorische Rahmenbedingungen sollten den Verbraucherschutz und gleichzeitig die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit fördern“, so Ulrich Binnebößel, HDE-Abteilungsleiter Zahlungsverkehr. Notwendig sei etwa mehr Transparenz bei den Kosten der Zahlungsarten. Hierfür müsse die europäische Regulierung zu Interbankenentgelten, die sogenannte MIF-Verordnung, überarbeitet werden. „Bei der Interbankentgeltregulierung besteht Handlungsbedarf. Es braucht Obergrenzen bei allen Kartenzahlungen, um Verbraucherschutz und Wettbewerb zu stärken“, so Binnebößel weiter. Zudem müssten die Systemvorgaben dominanter Zahlungssysteme einer Überprüfung unterzogen werden. „Individuelle Absprachen zwischen Zahler und Zahlungsempfänger müssen in Zukunft leichter möglich sein. Handel und Verbraucher sollten mehr Einflussmöglichkeiten erhalten“, betont Binnebößel.

HDE, IHA und UNITI setzen sich in ihrem Impulspapier für die Einrichtung eines Payment-Beirates der Bundesregierung ein. „Unter Berücksichtigung der Interessen von Zahlern und Akzeptanten kann ein Beirat die Bundesregierung bei der Umsetzung praktikabler und wirtschaftlicher Zahlungsarten beraten“, so Binnebößel. Das Ziel müsse sein, nationale Zahlungssysteme weiterzuentwickeln, europäische Zahlungsinitiativen zu unterstützen und den Zahlungsverkehr innovativ und wettbewerbsfähig zu gestalten.

>> Weitere Informationen/Positionspapier

(Quelle: HDE)

HDE-Prognose: Zahl der Geschäfte sinkt 2025 um 4.500

Angesichts der anhaltend schwachen Konsumstimmung ist die Lage der Innenstädte in Deutschland weiterhin schwierig. Laut Prognose des Handelsverbandes Deutschland (HDE) werden im Jahr 2025 im Einzelhandel 4.500 Geschäfte ihre Türen für immer schließen.

„Der Leerstand in den Innenstädten wird von Jahr zu Jahr sichtbarer. Die Entwicklung ist dramatisch. Unsere Stadtzentren müssen wieder attraktiver werden“, so HDE-Präsident Alexander von Preen. Mussten im Vorjahr noch 5.000 Geschäfte schließen, geht der HDE für das Jahr 2025 von einem Rückgang der Zahl der Geschäfte um 4.500 aus. „Der Negativtrend verlangsamt sich etwas, aber mit jeder Geschäftsschließung verlieren unsere Innenstädte weiter an Anziehungskraft“, so von Preen weiter. Im Jahr 2015 lag die Zahl der Geschäfte im Einzelhandel bei mehr als 370.000, im Jahr 2025 werden es laut HDE-Prognose nur noch etwa 300.000 sein. Gründe für diese Entwicklung sieht der HDE in der eingetrübten Konsumstimmung sowie im Mangel an Nachfolgern selbst für gut laufende Läden.

Um dem Negativtrend entgegenzuwirken, müssen aus Sicht des HDE die Mietverträge der Händlerinnen und Händler den aktuellen Entwicklungen angepasst werden. „Es müssen mehr umsatzbasierte Mieten vereinbart werden, damit die monatliche Zahlung für die Händler leistbar bleibt“, betont von Preen. Zudem müsse es sich für Unternehmen in Zukunft wieder lohnen, Investitionen zu tätigen. „Anreize wie eine Sonderabschreibungsmöglichkeit für Investitionen würden dazu beitragen, privates Investitionskapital zu generieren“, so von Preen weiter. Sinnvoll sei etwa eine steuerliche Begünstigung von Investitionen in den Ladenbau, die Digitalisierung, in die Renovierung von Fassaden, aber auch den Einbau neuer Heizungs- und Klimatechnik. „Die Politik muss jetzt die Voraussetzungen dafür schaffen, dass unsere Innenstädte als wirtschaftliche und gesellschaftliche Zentren erhalten bleiben“, so von Preen.

>> Weitere Informationen/Grafik

(Quelle: HDE)

Digital Markets Act: HDE fordert Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs im Online-Handel

Mit Blick auf die laufende Untersuchung der Europäischen Kommission und der nun veröffentlichten vorläufigen Ergebnisse in Bezug auf die Gestaltung der Google-Suchergebnisseite unterstreicht der Handelsverband Deutschland (HDE) die Bedeutung des Digital Markets Act (DMA) für die Schaffung fairer und transparenter Wettbewerbsbedingungen für den Online-Handel. Derzeit prüft die Europäische Kommission im Rahmen einer Nichteinhaltungsuntersuchung, ob Google bei der Darstellung seiner Suchergebnisseite gegen das Verbot der Selbstbevorzugung nach Artikel 6, Absatz 5 des DMA verstößt. Nach der bekannt gegebenen vorläufigen Auffassung der Kommission sieht diese einen möglichen Verstoß vorliegen.
„Der DMA muss durchgesetzt werden, trotz aller geopolitischen Verwerfungen. Große Tech-Unternehmen dürfen ihre Marktmacht nicht ausnutzen, um ihre eigenen Services zu bevorzugen. Sie müssen unsere europäischen Werte respektieren. Das gilt für alle digitalen Plattformen, gleichgültig woher sie kommen. Es ist klar zu begrüßen, dass die EU-Kommission jetzt ihre vorläufigen Feststellungen veröffentlicht hat. Das ist ein wichtiger Schritt in diesem Prozess, der mehr Klarheit über die Sachlage geschaffen hat“, so Stephan Tromp, stellvertretender HDE-Hauptgeschäftsführer. Die Durchsetzung geltenden Rechts sei für den Binnenmarkt von erheblicher Bedeutung. Für Handelsunternehmen jeder Größe sowie für Verbraucherinnen und Verbraucher seien direkte Online-Verkaufskanäle und die Sichtbarkeit auf der Google-Suchergebnisseite unverzichtbar. „Im Sinne des DMA muss daher sichergestellt werden, dass für alle Akteure klare und faire Wettbewerbsbedingungen herrschen“, betont Tromp.

Direktverkäufer, wie etwa Einzelhändler, und Preisvergleichsplattform müssen die Möglichkeit erhalten, in den Suchergebnissen transparent dargestellt zu werden. „Die Umsetzung des DMA darf aber nicht dazu führen, dass Preisvergleichsplattformen letztlich nur als zusätzliche obligatorische Vermittlungsebene zwischen Einzelhändlern und Verbrauchern eingeführt werden“, so Tromp weiter. Verbraucher müssten weiterhin auf Wunsch Angebote von Händlerinnen und Händlern direkt finden können. Es brauche gleiche transparente Bedingungen für alle, um auf dem Markt fair konkurrieren zu können. „Der DMA soll für mehr Fairness und Transparenz im digitalen Sektor sorgen. Damit das in der Praxis gelingt, muss die Einhaltung des DMA auch sichergestellt werden. Es müssen jetzt dauerhaft Klarheit und ein Level Playing Field im Online-Sektor geschaffen werden“, so Tromp.

(Quelle: HDE)

Mehrwertsteuer: HDE warnt vor Folgen einer Absenkung für bereits kompliziertes Mehrwertsteuerrecht

Angesichts der zuletzt erneut aufgekommenen Debatte über eine Absenkung der Mehrwertsteuer mahnt der Handelsverband Deutschland (HDE) zu zielgenauen Entlastungsmaßnahmen. Auch die Diskussion über eine neue, zusätzliche Form der Preisbeobachtung bewertet der HDE kritisch.

„Das Mehrwertsteuerrecht in Deutschland ist schon kompliziert und die Verwaltung teuer genug. Wenn jetzt noch zusätzlich zu den bestehenden Differenzierungen neue Absenkungen hinzukommen, steigen diese Verwaltungskosten noch weiter an“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Die Politik müsse vielmehr über andere Maßnahmen zielgenau die Haushalte entlasten, die nur über geringe Einkommen verfügen und daher von der Inflation besonders schwer betroffen sind. „Absenkungen der Mehrwertsteuer sind Entlastungen mit der Gießkanne und noch dazu ein ineffizientes Instrument zur Verwirklichung sozialer oder ökologischer Ziele, da sie für den Staat mit beträchtlichen Kosten verbunden sind“, so Genth weiter.

Auch die Debatte über eine neue, zusätzliche Form der Preisbeobachtung bewertet der HDE kritisch. Im Rahmen der amtlichen Preisstatistik veröffentlicht das Statistische Bundesamt monatlich differenzierte Daten zur Verbraucherpreisentwicklung und greift dabei auf Preisbeobachtung in den Geschäften, im Internet sowie auch auf Scannerdaten des Handels zurück. Die Ergebnisse der Verbraucherpreisstatistik sind frei verfügbar und abrufbar. Ebenfalls werden die Preise von Vorstufen erhoben. „Maßnahmen hin zu einer neuen, zusätzlichen Form der Preisbeobachtung wären auch angesichts tausender Artikel im Sortiment des Lebensmitteleinzelhandels mit erheblichem Aufwand und Kosten verbunden, ohne dabei einen zusätzlichen Nutzen zu erbringen. Die Einrichtung einer Preisbeobachtungsstelle würde zudem zur weiteren Bürokratisierung des Wirtschaftslebens beitragen“, so Genth.

Die Preise seien in Deutschland auch im europäischen Vergleich wettbewerbsfähig, die Verkaufsstättendichte ebenso wie die angebotene Qualität hoch. Die Produktvielfalt sei enorm, größere Lebensmittelgeschäfte bieten mehr als 10.000 Artikel an. „Gleichzeitig sind die Gewinnmargen des Lebensmitteleinzelhandels mit in der Regel zwischen einem und drei Prozent außerordentlich gering und bleiben deutlich hinter denen der internationalen Markenartikelindustrie zurück“, betont Genth.

(Quelle: HDE)

HDE unterstützt vorgeschlagene Rücknahme des Richtlinienvorschlags für KI-Haftung

Nachdem die Europäische Kommission mit ihrem im Februar vorgestellten Arbeitsprogramm vorgeschlagen hat, den im September 2022 vorgelegten Vorschlag für eine Richtlinie zur Haftung bei künstlicher Intelligenz zurückzuziehen, diskutierte gestern auch der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des Europäischen Parlaments hierüber. Der Handelsverband Deutschland (HDE) bewertet die vorgeschlagene Rücknahme positiv.
„Für den Handel sind KI-Anwendungen von enormer Bedeutung, etwa in Logistik- und Transportprozessen sowie in der Produktoptimierung. Diese Technologie wird in Zukunft immer wichtiger. Sie hat das Potenzial, die Branche zu revolutionieren“, so Stephan Tromp, stellvertretender HDE-Hauptgeschäftsführer. Daher dürfe es in diesem Bereich nicht zu einer Überregulierung kommen, die die europäische Innovationskraft hemmen würde. Die bereits geltenden Haftungsvorgaben seien ausreichend, auch für den Bereich KI. „Bisher sind für den Handel in der Praxis keine Regelungslücken aufgetreten. Die vorgeschlagene Richtlinie würde nur ein neues Maß an Überregulierung schaffen“, so Tromp weiter. Außerdem sei die Produkthaftungsrichtlinie erst aktualisiert worden und umfasse nun auch Software. Die entsprechenden Änderungen müssen noch in nationales Recht umgesetzt werden und stehen somit derzeit aus. „Hier sollte zunächst abgewartet und Auswirkungen evaluiert werden, bevor zusätzliche neue Regulierungen verabschiedet werden“, betont Tromp.

Aus Sicht des HDE sollte im Bereich KI der Fokus auf die laufende Umsetzung des AI-Acts gelegt werden, die derzeit in vollem Gange ist. „Es gilt, diese grundlegende KI-Regulierung im EU-Binnenmarkt zunächst rechtssicher und innovationsfreundlich in die Praxis zu übersetzen und noch bestehende Rechtsfragen rasch zu klären“, so Tromp. Auch hier müssten die Auswirkungen für die Betroffenen noch abgewartet und bewertet werden, bevor zusätzliche neue Vorgaben eingeführt werden. „Die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft im EU-Binnenmarkt für den Bereich KI muss sichergestellt werden und darf keinesfalls durch Überregulierung eingeschränkt und gehemmt werden“, betont Tromp.

(Quelle: HDE)

Mitgliedsbeiträge für Fitnessstudio nicht steuermindernd

Aufwendungen für die Mitgliedschaft im Fitnessstudio können nicht als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG steuermindernd geltend gemacht werden. Dies gilt selbst dann, wenn der Steuerpflichtige aufgrund ärztlicher Verordnung an einem sogenannten Funktionstraining teilnimmt, entschied der Bundesfinanzhof in letzter Instanz mit Urteil vom 21.11.2024 – VI R 1/23 -.

Es handelte sich bei den Mitgliedsbeiträgen nicht um Krankheitskosten, sondern um Kosten für vorbeugende oder die der Gesundheit ganz allgemein dienende Maßnahmen, sodass keine außergewöhnlichen Belastungen vorlägen. Auch der Umstand, dass der Steuerpflichtige die Möglichkeit habe, alle Angebote dieses Fitnessstudios (Sauna, Schwimmbad oder andere Fitnesskurse) zu nutzen, stehe einem steuermindernden Abzug des Mitgliedsbeitrages entgegen, erklärten die höchsten deutschen Finanzrichter.

Digitales Zugangsrecht der Gewerkschaft zum Betrieb

Über Art, Umfang und Ausgestaltung des digitalen Zugangsrechts einer Gewerkschaft zum Betrieb wird seit Jahren in Rechtsprechung und Literatur gestritten. Jetzt hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 28.01.2025 – 1 AZR 33/24 – klarstellende Weichenstellungen vorgenommen. Ein Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, der für ihn tarifzuständigen Gewerkschaft die dienstlichen E-Mail-Adressen seiner – bereits vorhandenen und neu hinzukommenden – Arbeitnehmer zum Zwecke der Mitgliederwerbung mitzuteilen. Ein solches Begehren kann nicht auf eine von den Gerichten – im Weg der gesetzesvertretenden Rechtsfortbildung – vorzunehmende Ausgestaltung der durch Art. 9 Abs. 3 GG garantierten Koalitionsbetätigungsfreiheit gestützt werden.

Um was ging es konkret?

Die Parteien haben über die Möglichkeiten der klagenden Gewerkschaft gestritten, im Betrieb der Beklagten digital Werbung zu betreiben. Die Beklagte entwickelt, produziert und vertreibt Sportartikel. Sie ist die Obergesellschaft eines weltweiten Konzerns. Die Klägerin ist die für die Beklagte zuständigen Gewerkschaft. Im Betrieb sind über 5.000 Arbeitnehmer beschäftigt. Ein erheblicher Teil der betriebsinternen Kommunikation findet digital, u. a. über E-Mail, die von Microsoft 365 entwickelte Anwendung Viva Engage und das konzernweite Intranet statt. Ferner verfügen die meisten Arbeitnehmer über eine unter der Domain der Beklagten generierte namensbezogene E-Mail-Adresse.

Die klagende Gewerkschaft hat die Auffassung vertreten, ihr müsse für die Mitgliederwerbung ein Zugang zu diesen Kommunikationssystemen eingeräumt werden. Die Arbeitgeberin sei daher u. a. verpflichtet, ihr sämtliche betrieblichen E-Mail-Adressen der Arbeitnehmer zu übermitteln. Zumindest habe sie einen solchen Anspruch, um den Arbeitnehmern bis zu 104 E-Mails im Jahr mit einer Größe von bis zu fünf MB zu übersenden. Außerdem sei ihr ein Zugang als „international user“ zum konzernweiten Netzwerk bei Viva Engage zu gewähren, damit sie dort eine bestimmte Anzahl werbender Beiträge einstellen könne. Zudem müsse die Arbeitgeberin auf der Startseite ihres Intranets eine Verlinkung mit einer Webseite der Gewerkschaft vornehmen.

Die Klage der Gewerkschaft blieb in allen Instanzen erfolglos. Auch die Revision vor dem Bundesarbeitsgericht hatte keinen Erfolg. Art. 9 Abs. 3 GG gewährleiste einer Gewerkschaft zwar grundsätzlich die Befugnis, betriebliche E-Mail-Adressen der Arbeitnehmer zu Werbezwecken und für deren Informationen zu nutzen. Allerdings haben die Gerichte – mangels Tätigwerdens des Gesetzgebers – bei der Ausgestaltung der Koalitionsbetätigungsfreiheit auch die mit einem solchen Begehren betroffenen Grundrechte des Arbeitgebers aus Art. 14 und Art. 12 Abs. 1 GG sowie die ebenfalls berührten Grundrechte der Arbeitnehmer aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union in den Blick zu nehmen, stellten die BAG-Richter fest. Sie haben alle betroffenen Positionen im Weg der praktischen Konkordanz so in Ausgleich zu bringen, dass sie trotz ihres Gegensatzes für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden. Ein Anspruch auf bloße Übermittlung der betrieblichen E-Mail-Adressen bestehe nicht. Dieser Eingriff in die Rechte der Arbeitgeberin und der Arbeitnehmer sei zu stark. Die Gewerkschaft habe jedoch die Möglichkeit, die Arbeitnehmer vor Ort im Betrieb nach ihren betrieblichen E-Mails zu fragen; dies sei der schonendste Eingriff für die grundrechtlich verbürgten Belange der Arbeitnehmer und der Arbeitgeberin.

Der auf eine Nutzung des konzernweiten Netzwerkes bei Viva Engage gerichtete Klageantrag blieb ebenfalls erfolglos. Die damit verbundenen Beeinträchtigungen der beklagten Arbeitgeberin überstiegen das durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Interesse der Gewerkschaft an der Durchführung solcher Werbemaßnahmen. Ferner erteilten die Bundesrichter auch des auf die Vornahme einer Verlinkung im Intranet der Beklagten abzielenden Klageantrags eine Absage. Die Klägerin könne ihr Begehren mangels einer planwidrigen Regelungslücke im Betriebsverfassungsgesetz nicht auf eine analoge Anwendung von § 9 Abs. 3 S. 2 BPersVG stützen. Ein Anspruch auf eine Verlinkung ihrer Webseite auf der Startseite des Intranets bestehe nicht.

Schadenersatz bei verspäteter Zielvorgabe

Zielvereinbarungen sind vertragliche Nebenabreden zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, mit denen festgelegt wird, dass bei Erreichen eines bestimmten Ziels innerhalb eines festgelegten Zeitrahmens eine zusätzliche Vergütung (Zielvereinbarungsprämie) gezahlt wird. Adressaten von Zielvereinbarungsprämien sind zumeist Arbeitnehmer, die „höhere Dienste“ schulden bzw. Leitungsfunktionen haben, z. B. Bezirksleiter, Filialleiter aber auch Abteilungsleiter. Klar ist, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zum Schadenersatz verpflichtet ist, wenn er für die verabredete Zielperiode keinerlei Ziele vorgibt. In dem jetzt vom BAG mit Urteil vom 19.02.2025 – 10 AZR 57/24 – zu beurteilenden Fall ging es um Art und Umfang eines Schadenersatzanspruchs, wenn der Arbeitgeber zwar eine Zielvorgabe macht, diese jedoch verspätet, im laufenden Kalenderjahr erklärt.

Verstößt der Arbeitgeber schuldhaft gegen seine arbeitsvertragliche Verpflichtungen, dem Arbeitnehmer rechtzeitig für eine Zielperiode Ziele vorzugeben, an deren Erreichen die Zahlung einer variablen Vergütung geknüpft ist (Zielvorgabe), löst dies, wenn eine nachträgliche Zielvorgabe ihre Motivations- und Anreizfunktion nicht mehr erfüllen kann, grundsätzlich (auch) einen Anspruch des Arbeitnehmers nach § 280 Abs. 1, Abs. 3 BGB i.V.m. § 283 S. 1 BGB auf Schadenersatz statt der Leistung aus.

Worum ging es konkret?

Der Kläger war bei der Beklagten bis zum 30.11.2019 als Mitarbeiter mit Führungsverantwortung beschäftigt. Arbeitsvertraglich war ein Anspruch auf eine variable Vergütung vereinbart. In einer ausgestaltenden Betriebsvereinbarung war bestimmt, dass bis zum 1. März des Kalenderjahres eine Zielvorgabe zu erfolgen hat, die sich zu 70 % aus Unternehmenszielen und zu 30 % aus individuellen Zielen zusammensetzt und sich die Höhe des variablen Gehaltsbestandteils nach der Zielerreichung des Mitarbeiters richtet. Erst am 26.09.2019 teilte der Geschäftsführer der Beklagten den Mitarbeitern mit Führungsverantwortung mit, für das Jahr 2019 werde bezogen auf die individuellen Ziele entsprechend der durchschnittlichen Zielerreichung aller Führungskräfte in den vergangenen drei Jahren von einem Zielerreichungsgrad von 142 % ausgegangen. Erstmals am 15. Oktober 2019 wurden dem Kläger konkrete Zahlen zu den Unternehmenszielen einschließlich deren Gewichtung und des Zielkorridors genannt. Eine Vorgabe individueller Ziele für den Kläger erfolgte nicht. Die Beklagte zahlte an den Kläger für 2019 eine variable Vergütung von ca. 15.500 EUR brutto. Dem Kläger war das zu wenig. Der Kläger monierte, dass die Beklagte ihm zum Schadensersatz verpflichtet sei, weil sie für das Jahr 2019 keine individuellen Ziele und die Unternehmensziele verspätet vorgegeben hat. Es sei davon auszugehen, dass er rechtzeitig vorgegebene, nach billigem Ermessen entsprechende Unternehmensziele zu 100 % und individuellen Ziele entsprechend dem Durchschnittswert von 142 % erreicht hätte. Deshalb stünden ihm ca. weitere 16.000 EUR brutto als Schadensersatz zu.

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, das Landesarbeitsgericht verurteilte den Arbeitgeber auf Zahlung weiterer 16.000 EUR brutto. Die Revision des Arbeitgebers hatte vor dem 10. Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Beklagte habe ihre Verpflichtung zu einer den Regelungen der Betriebsvereinbarung entsprechenden Zielvorgabe für das Kalenderjahr 2019 schuldhaft verletzt, indem sie dem Kläger keine individuellen Ziele vorgegeben und ihm die Unternehmensziele erst verbindlich mitgeteilt hat, nachdem etwa bereits 3/4 der Zielperiode abgelaufen war. Eine ihrer Motivations- und Anreizfunktion gerecht werdenden Zielvorgabe sei zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich gewesen. Deshalb komme hinsichtlich der Ziele auch keine nachträgliche gerichtliche Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 S. 2 Halbs. 2 BGB in Betracht. Bei der im Wege der Schätzung zu ermittelnden Höhe des zu ersetzenden Schadens sei nach § 252 S. 2 BGB von der für den Fall der Zielerreichung zugesagten variablen Vergütung auszugehen und anzunehmen, dass der Kläger bei einer nach billigem Ermessen entsprechenden Zielvorgabe die Unternehmensziele zu 100 % und die individuellen Ziele entsprechend dem Durchschnittswert von 142 % erreicht hätte, stellten die Richter fest.

HDE warnt in Stellungnahme an Mindestlohnkommission vor staatlichen Eingriffen in Tarifautonomie

Bevor die Mindestlohnkommission im Juni 2025 erneut über ihre Anpassungsempfehlung für den gesetzlichen Mindestlohn ab dem 1. Januar 2026 entscheidet, hat der Handelsverband Deutschland (HDE) in dieser Woche seine turnusmäßige Stellungnahme hierzu eingereicht. Darin spricht sich der HDE für eine Aussetzung der nächsten Mindestlohnanhebung aus, keinesfalls aber dürfte es durch eine Anhebung erneut zu einem staatlichen Eingriff in noch laufende Entgelttarifverträge im Einzelhandel kommen. Alle zwei Jahre hört die Mindestlohnkommission vor ihrer Empfehlungsentscheidung im schriftlichen Verfahren ausgewählte Spitzenverbände zu den Auswirkungen des gesetzlichen Mindestlohns auf die jeweilige Branche an.

„Der Mindestlohn ist seit 2022 um mehr als 30 Prozent gestiegen. Das liegt trotz der teils sehr hohen Inflation in diesem Zeitraum weit oberhalb unserer Tarifsteigerungen“, so Steven Haarke, HDE-Geschäftsführer für Arbeit, Bildung, Sozial- und Tarifpolitik. In seiner sehr kritischen Stellungnahme für die Mindestlohnkommission betont der HDE die für die Branche weiterhin äußerst schwierigen ökonomischen Rahmenbedingungen und fordert den Schutz der verfassungsrechtlich garantierten Tarifautonomie vor weiteren staatlichen Eingriffen. Besonders kritisch ist laut Verband der rein politisch motivierte Eingriff durch eine sprunghafte staatliche Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns zum 1. Oktober 2022 auf 12 Euro pro Stunde zu bewerten. „Dieser Eingriff ohne vorherige Beteiligung der Mindestlohnkommission hat zu erheblichen Stauchungseffekten am unteren Ende des Tarifgitters geführt. Dadurch ist dort bis heute keine Entgeltdifferenzierung möglich“, so Haarke weiter. Zusätzlich sei von dem Grundsatz abgewichen worden, dass die Mindestlohnanhebung für die Dauer von zwei Jahren Bestand habe. In der Folge sei ein erheblicher Vertrauensschaden bei tarifgebundenen Arbeitgebern entstanden. Dies gelte auch für die politische Einflussnahme durch öffentliche Zielsetzungen im Vorfeld von Empfehlungsentscheidungen wie zuletzt im Sondierungsergebnis von Union und SPD am Wochenende.

Erschwerend kommt aus Sicht des HDE hinzu, dass zusätzlich ab dem 1. Januar 2023 auch noch die Midijobgrenze auf sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mit Einkommen bis zu 2.000 Euro im Monat deutlich ausgeweitet wurde. Dabei habe es sich auch um eine Abkehr vom anerkannten Grundsatz der Parität bei den Sozialversicherungsbeiträgen im Arbeitsverhältnis gehandelt. In der Folge sei es für Arbeitgeber zu einem zusätzlichen Personalkostenschub gekommen. „Als Großbranche mit viel struktureller Teilzeit hat den Einzelhandel diese Personalkostensteigerung besonders stark betroffen“, so Haarke. All dies mache eine Aussetzung der nächsten Mindestlohnanhebung aus Sicht des Einzelhandels erforderlich, um einer finanziellen Überforderung der Branche entgegenzuwirken und Arbeitsplätze nicht zu gefährden. Keinesfalls aber dürfe durch eine weitere Mindestlohnanhebung nachträglich in die noch bis Sommer 2026 laufenden Entgelttarifverträge im Einzelhandel eingegriffen werden.

Zur HDE-Stellungnahme

(Quelle: HDE)

Sondierungsergebnis von CDU, CSU und SPD: HDE sieht wichtiges Signal in zügiger Aufnahme von Koalitionsverhandlungen

Dass CDU, CSU und SPD nach raschen Sondierungsgesprächen voraussichtlich in dieser Woche Koalitionsverhandlungen aufnehmen wollen, bewertet der Handelsverband Deutschland (HDE) positiv. Der HDE unterstützt insbesondere die im vorgesehenen Wirtschaftspaket enthaltenen Maßnahmen, wie etwa die Senkung der Energiekosten und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Kritisch sieht der Verband die genannte Zielvorgabe mit Blick auf die Mindestlohnentwicklung und warnt vor Eingriffen in die unabhängige Entscheidungsfindung der Mindestlohnkommission.

„Auf die raschen Sondierungsgespräche müssen jetzt ernsthaft geführte Koalitionsverhandlungen und eine schnelle Regierungsbildung folgen. Es ist Zeit zum Handeln“, so HDE-Präsident Alexander von Preen. Mit ihrer Einigung auf die Senkung der Energiekosten für alle Branchen legten CDU, CSU und SPD den Grundstein für spürbare Entlastungen auch im Handel. „Dem Einzelhandel machen die nach wie vor hohen Energiekosten erheblich zu schaffen. Daher haben wir uns lange dafür eingesetzt, dass die Stromsteuer nicht nur für ausgewählte Branchen abgesenkt wird, sondern für alle. Dieser Schritt ist überfällig“, so von Preen weiter. Auch die geplante Unternehmenssteuerreform und das Bekenntnis zum Bürokratieabbau bewertet der HDE positiv. „Statt ständig neuer Vorschriften muss es in Zukunft wieder mehr Vertrauen in die Unternehmerinnen und Unternehmer geben. Weniger Bürokratie und mehr Unternehmerverantwortung ist hier der richtige Ansatz“, betont von Preen.

Angesichts der erneuten Debatte über politische Zielvorgaben für die Entwicklung des Mindestlohns warnt der HDE vor weiteren Eingriffen in die Arbeit der unabhängigen Mindestlohnkommission, die zu irreversiblen Schäden für die Tarifbindung führen können. „Die Mindestlohnkommission wird durch eine politische Zielvorgabe von 15 Euro pro Stunde im Jahr 2026 mehr und mehr zum Feigenblatt der Politik“, so von Preen. Wie bereits im Jahr 2022 würden ausverhandelte Tariflöhne der Sozialpartner einfach verdrängt und durch die Politik als unangemessen abgestempelt. „Das darf so nicht in den künftigen Koalitionsvertrag einfließen“, so von Preen weiter. Auch fehle es an einem Bekenntnis zur dauerhaften Obergrenze von 40 Prozent bei den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen. „Hier ist das Sondierungspapier zu wenig ambitioniert und lässt Lösungsansätze vermissen“, so von Preen.

Der HDE warnt zudem davor, die Entwicklung der Innenstädte aus dem Blick zu verlieren. „In einer zukunftsorientierten Wirtschaftspolitik muss die Vitalisierung unserer Innenstädte einen festen Platz haben“, fordert von Preen. Stadtzentren seien von gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Bedeutung. „Attraktive Innenstädte sind eine der zentralen Säulen eines auch in Zukunft erfolgreichen Wirtschaftsstandorts Deutschland“, so von Preen.

(Quelle: HDE)